1975 als „Psychoanalytische Arbeitsgemeinschaft Kassel“ mit einer Patenschaft des Giessener Psychoanalytischen Instituts gegründet, entstand 1978 - nach Erfüllung der Anforderungen an ein psychoanalytisches Institut der DPV hinsichtlich Teilnehmerzahl und angebotenen Semesterprogrammen - das „Kasseler Psychoanalytische Institut“, das seit 1985 den Namen „Alexander-Mitscherlich-Institut“ trägt.

6 der 8 Gründungsmitglieder des Instituts waren Professoren des zeitgleich an der Gesamthochschule-Universität Kassel (GhK) gegründeten wissenschaftlichen Zentrums für Psychoanalyse und psychosoziale Forschung, später kam das Institut für Psychoanalyse am Fachbereich Erziehungswissenschaften hinzu.

Die Verbindung zur Universität mit ihren personellen und inhaltlichen Wechselbeziehungen ist für das Institut bis heute kennzeichnend. Der wissenschaftliche Austausch und die Lehrtätigkeit in verschiedenen Fachbereichen fördern die Umsetzung der in der Satzung des Instituts formulierten Ziele.

Die im Institut ausgebildeten Psychoanalytiker und Psychoanalytikerinnen sind zum großen Teil in der Region geblieben, und nach dem Abschlusskolloquium vor der DPV Mitglieder des Instituts geworden. Sie sind sowohl in eigenen Praxen, als auch in öffentlichen Einrichtungen wie Beratungsstellen, Kliniken und psychiatrischen Institutionen tätig. 

Laut Satzung dient das Institut   „der Aus-, Fort- und Weiterbildung der von Sigmund Freud begründeten Wissenschaft der Psychoanalyse und ihrer Anwendungen, der Erforschung der psychosozialen Lebensbedingungen und deren Störungen mit Hilfe der psychoanalytischen Methode in Theorie und Praxis und in Zusammenarbeit mit den angrenzenden humanwissenschaftlichen Disziplinen, sowie der Information der Öffentlichkeit über Inhalt und Anwendungsbereich der psychoanalytischen Wissenschaft in kritischer Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Entwicklungen.“

Alexander Mitscherlich (1908 – 1982)  ist durch sein Leben und Wirken als Arzt, Psychoanalytiker und Sozialpsychologe hinsichtlich dieser Zielsetzung ein Vorbild. Er arbeitete zunächst als Neurologe, gründete 1949 an der Universität Heidelberg die Abteilung  für psychosomatische Medizin (die zur damals ersten psychosomatischen Klinik ausgebaut wurde), gründete 1960 das Sigmund-Freud-Institut in Frankfurt/Main, und war von 1966 bis 1973  Professor für Psychologie an der Universität Frankfurt/Main.

Der Name Alexander Mitscherlich ist darüber hinaus mit dem mutigen Eintreten für die kritische Auseinandersetzung mit den Ereignissen im „Dritten Reich“ verbunden. Er war Beobachter bei den Nürnberger Prozessen gegen NS-Ärzte und veröffentlichte daraufhin die Schrift „Medizin ohne Menschlichkeit“. Er wurde zum engagierten Kritiker der deutschen Nachkriegsgesellschaft, und verfasste zu dieser Thematik etliche Schriften. Am bekanntesten ist die 1967 zusammen mit seiner Ehefrau, der Psychoanalytikerin Margarete Mitscherlich-Nielsen, veröffentlichte Schrift „Die Unfähigkeit zu trauern. Grundlagen kollektiven Verhaltens“, eine psychoanalytische Interpretation der kollektiven Verweigerung im Nachkriegsdeutschland, sich mit der Vergangenheit auseinander zu setzen. 

Bei mehreren Bewerbungen um die Vergebung des Namens entschied sich Frau Margarete Mitscherlich-Nielsen für das Kasseler Institut, weil die psychoanalytischen Vorstellungen des Instituts und die Verbindung zur Universität erwarten ließen, dass die Zielsetzungen Alexander Mitscherlichs hier eine fruchtbare Weiterentwicklung erfahren können.